Illustration von zahlreichen Vätern und ihren Kindern

Trotz Trennung ein guter Vater

Da tummeln wir Papas uns auf dem Spielplatz, fühlen uns unsicher am ungewohnten Ort, und sind komisch distanziert mit unseren Kindern. Wir Papas machen eher den üblichen Status-Abgleich mit den anderen Vätern. Das gibt Sicherheit, das können wir. Aber wenn es darauf ankommt, was wollen heutige Väter ihren Kindern sein? Ich habe einen Vater gefragt, der sich diese Frage stellen musste. Finn* hat nach der Trennung von seiner Partnerin eine besondere Lösung  für den Umgang mit seinem Kind gefunden.

Die klassische Rolle des Vaters ist eher distanziert, sagt Finn* (Name geändert). Der klassiche Vater ist der, der mehr arbeitet und folglich den Alltag seines Kindes weniger mitbekommt. Wenn er von der Arbeit kommt, sind Kleinkinder meist schon im Bett. Kommt es zu Scheidung, wird immer noch konsequent klassisch entschieden: Das Kind bleibt bei der Mutter, der Vater zahlt Unterhalt. Er sieht sein Kind alle zwei Wochen am Wochenende und wird zum „Wochenend-Papa“ – mit zweifelhaftem Ruf. (Papa hat vermeintlich den Spaß mit dem Kind am Wochenende, während die Mutter den Alltag des Kindes meistern muss.) Die meisten Mütter werden nach einer Scheidung alleinerziehend.

Das bringt für sie organisatorische Herausforderungen mit sich. In der Familie haben Mütter oft schon die Führungsrolle. Sie sind die „Kümmerer“ und kennen das Kind besser. Sie wissen, wann der nächste Impftermin ansteht, was das Kind braucht, wenn es zum Sportverein geht. Und sie sind diejenigen, die diese Termine wahrnehmen. Der Mann ist ja busy. Finn* sagt, Frauen haben sich aber emanzipiert. Nur noch Kinder erziehen reicht ihnen nicht. Sie wollen auch Karriere machen und sich beruflich verwirklichen.

Vorteile für alle – durch Wechselmodell

Aber auch nach einer Scheidung gibt es für ihn Alternativen. Finn* sieht in dem Wechselmodell, das er jetzt lebt, Vorteile. (Das Kind ist eine Woche bei ihm und dann wieder eine Woche bei der Mutter.) Als Vater bekommt er den Alltag seines Kindes mit: Er kennt die aktuelle Freundin, er bringt den Sohn zum Sportverein und weiß sein Lieblingsessen. Auf den Punkt gebracht sagt er: „Weniger Unterhaltsverpflichtung, mehr gemeinsame Zeit“. Der Vater kann die Bindung zu seinem Sohn aufrecht halten. Finn* hält das wichtig für die Entwicklung seines Sohnes. Dann versetzt er sich in die Rolle der Ex-Frau: Auch die Mutter des Kindes könne die kinderfreie Zeit genießen und eine neue Freiheit für sich gewinnen. Das kann wichtig sein, um wieder aufzutanken. – Kommen neue Partner dazu, gibt es so die Chance, sich in dieser kinderfreien Zeit als Paar zu erleben. Freie Zeit mit Museumsbesuchen oder Essengehen zu zweit sind möglich. Die neuen Patchwork-Paare können hier ausleben, was normalerweise getrennt und nacheinander passiert: Man wird erst ein Paar, erprobt sich und später kommen vielleicht die Kinder dazu.

Alles im Wechsel – Bedingungen für ein Gelingen

Ein solches Wechselmodell setzt aber voraus, dass die Eltern alles gut koordinieren. Und miteinander kooperieren. Das setzt eine stabile Kommunikation voraus. In der Koordination der Anforderungen, Wünsche und Ressourcen sieht Finn* die größte Herausforderung! Selbstverständlich wird das kommende Jahr bereits im Spätherbst durchgeplant. An welchen Wochenenden ist das Kind bei mir? Wie werden die Ferien geteilt? Wann sind die Halb- oder Stiefgeschwister da? Die Zeiten wollen so koordiniert sein, dass die Halbgeschwister zur gleichen Zeit da sind. Das eigene Kind fände das sonst ungerecht.

Der neue Partner muss eine eigene Rolle in diesem vorhandenen System finden. Er muss sich mit Ex-Partnern und Stief-Großeltern auseinander setzen. Und sich klarmachen, welche Beziehung zu dem Stiefkind möglich ist.

Für Finn* spielt der Arbeitgeber eine große Rolle. Welches Vaterverständnis hat meine Chefin? Lässt sie flexible Arbeitszeiten zu? Finn* arbeitet in einer Agentur, in der viele Frauen in Teilzeit arbeiten. Er arbeitet die eine Woche donnerstags und freitags kürzer, darauf dann montags bis mittwochs verkürzt. In dieser Zeit ist sein Kind bei ihm. Das setzt Verständnis der Kollegen voraus, die Termine mit Kunden müssen koordiniert werden. Übergaben an Kollegen sind wichtig. Er fügt hinzu, natürlich braucht eine Familie zwei Gehälter, wenn sie gut leben will. Es gibt Anschaffungen, man will in den Urlaub fahren können. Das geht nur, wenn beide Eltern arbeiten.

Ein strukturelles Problem sieht er bei den Behörden und deren Behandlung von getrennten Familien. Die Mutter seines Sohnes gilt als alleinerziehend, weil das Kind bei ihr gemeldet ist. Sie wird daher bei der Steuer mit der Steuerklasse 2 begünstigt. Da sich beide Eltern zur Hälfte um ihr gemeinsames Kind kümmern, bekommt Finn* diese Begünstigung nicht. Er empfindet das als ungerecht.

Männerrollen in Patchwork-Familien

Und es bleibt die Rollenfrage. Männer wollten Jäger, Eroberer, Beschützer sein. Heute werden manche Väter zu besseren Müttern. Das sieht Finn* negativ. Er wünscht sich, anders definiert zu werden. Der Patchwork-Vater muss sich erst erfinden.

Das Setting für einen Patchwork-Vater ist anders als in einer Kernfamilie. Zum Beispiel stellt sich die Frage, wie verhalte ich mich zu den Ex-Schwiegereltern. Souverän hält Finn* Kontakt. Sie sind und bleiben für ihn die Großeltern von Nick*, seinem Sohn. Er schickt ihnen regelmäßig Fotos per What’sApp. Mag zwei Generationen zuvor die Großfamilie noch alltäglich gewesen sein. Kriegs- und notbedingt fanden Ersatzeltern, Halbweisen und Großeltern zueinander unter einem Dach. So kennen die wohlstandsverwöhnten Babyboomer eher die hässliche Scheidung mit Scherbenhaufen und dem kaputten Idyll der Kernfamilie. Die heutigen Patchworker wollen mehr, und vermissen Vorbilder, vielleicht Konventionen, auf die man zurückgreifen könnte. Die Anforderungen an sich selbst und das Zusammenleben sind größer geworden. Und da gelebte Rollenbilder fehlen, müssen Patchwork-Eltern auch noch zu Designern von neuen Lebenskonzepten werden. Als wäre es nicht schon anstrengend genug, die Balance zwischen Job und Privatleben zu finden. Damit können sie sich schnell überfordern.

* Namen geändert